Mittwoch, 3. Januar 2018

(B)esserwissen (1): Salz ist ein guter Koch.


Dass viele Esser ihre Speisen grundsätzlich flächendeckend nachsalzen, gerne auch ohne überhaupt erst mal probiert zu haben, das ist ein Phänomen, das ich seit meiner Kindheit beobachte, schon am heimischen Esstisch. Mein Vater griff ständig zum Salzstreuer, obwohl meine Mutter keineswegs lasch würzte. Aber die Extraportion Salz musste eigentlich fast immer sein. Irgendwie aus Prinzip. Und auch heute sehe ich das oft bei Gästen im Restaurant.

Nun gibt es tatsächlich Lebensmittel, die gut viel Salz vertragen können, wie etwa Kartoffeln, Nudeln oder auch bestimmte Suppen. Aber gerade bei feineren Speisen, vielen Gemüsen oder Saucen ist es gerade nicht das Ziel, dass sie vordergründig „salzig“ schmecken, weil das den Eigengeschmack der Zutaten überdeckt und der Speise einen überwürzten Einheitsgeschmack gibt.

Während Pfeffer tatsächlich am besten immer ganz zum Schluss (frisch aus der Mühle) auf das Gericht kommen sollte (weil er beim Mitkochen sein Aroma verliert und nur noch platte Schärfe entwickelt), spielt der Einsatz von Salz bei der Zubereitung an ganz anderer Stelle eine wichtige Rolle. Nämlich beim Ansatz.

Wenn Sie, sagen wir mal, eine Sauce Bolognese kochen, dann geben Sie nach dem Anrösten des Hackfleischs Zwiebeln und Gemüsewürfel (Möhre, Sellerie) dazu. Und genau hier eben schon eine ordentliche Prise Salz. (Seien Sie mutig; Prise bedeutet bei einem 4-Personen-Rezept nicht die paar Krümel, die man sich aufs Frühstücksei streut, sondern etwa das, was man zwischen vier Fingern halten kann!) Umrühren und ganz geduldig ein paar Minuten schmurgeln lassen, denn jetzt passiert’s: Das Salz wirkt hygroskopisch, das heißt, es entzieht dem Gemüse Wasser. Das entzogene Wasser (das nach nichts schmeckt) verkocht, der Gemüsegeschmack wird intensiviert. Das ist das Ziel. Das Salz arbeitet also für uns, ganz automatisch. Salz ist der kleine Koch im Topf.

Und diese Sauce köchelt dann anschließend noch mit Tomaten und Brühe mindestens 30-40 Minuten oder auch länger, sodass kein vordergründiger Salzgeschmack bleibt, sondern ein harmonisches Gesamtbild. Die eventuell zusätzliche Prise Salz beim Nachschmecken zum Schluss ist dann jedermanns Geschmackssache. Aber seine eigentliche Arbeit hat das Salz schon längst vorher erledigt.

Lust zu kochen? Auf geht’s:

SAUCE BOLOGNESE
(Rezept für 4 Portionen)
250 bis 300g Bio-Rindermett
1-2 Zwiebeln (100g)
2 Möhren (150g)
1 mittelgroße Knollensellerie (oder 1 Bund Staudensellerie)
400g (1 Dose) stückige Tomaten
2 Knoblauchzehen (5g), nach Belieben weglassen
Schluck (0,1l) Rotwein, weglassen, wenn Kinder mitessen
Olivenöl
50g Tomatenmark (etwa 2 EL)
200ml Rinderbrühe
2 TL Oregano
eine gute Prise Salz (ca. 5g)
ggf. eine Prise Rohrohrzucker

Zubereitung:
Möhre, Zwiebel, Sellerie putzen, in ca. 0,5 cm große Würfel teilen, Sellerie eher kleiner. (Staudensellerie in Scheiben schneiden, ca. 1-2 mm.) Knoblauchzehen abziehen, sehr fein hacken.
Topf auf größter Stufe erhitzen, ohne Öl. Hackfleisch reinwerfen, am Topfboden verteilen, warten, umrühren, grobkrümelig zerstoßen, scharf anbraten.
Zwiebeln und etwas später ggf. kurz Knoblauch zugeben (Vorsicht: verbrennt schnell).
Einen Schuss Olivenöl und die Gemüsewürfel zugeben.
Salz zugeben und 5 Minuten Geduld haben (siehe oben: das Salz arbeiten lassen!)
Tomatenmark zugeben, etwa 30 Sekunden mit anrösten. (Nicht länger, danach wird’s bitter).
Ablöschen mit Rotwein (fast ganz verkochen lassen) und (oder nur mit) Tomaten und Brühe. Ggf. Zucker zugeben.
Hälfte des Oregano zugeben.
30-40 Min. auf kleiner Flamme köcheln lassen.
10 Min. vor Ende der Garzeit 2. Hälfte des Oregano zugeben.
Zum Schluss ein paar Drehungen aus der Pfeffermühle dazu, bei Bedarf und nach persönlichem Geschmack mit Salz nachschmecken, wenn’s denn sein muss. 
Zusammen mit den Nudeln anrichten, ein paar gehobelte Parmesan-Späne und ein paar zerzupfte Basilikum-Blätter drauf - fertig!

Dieses Rezept verwendet weniger Fleisch und mehr Gemüse als die meisten üblichen Rezepte. Trotzdem lecker! Kaufen Sie Bioland-Rinderhack aus lebenswerter Haltung oder beim Fleischer Ihres Vertrauens.

Wenn Sie es vegetarisch möchten, lassen Sie das Hack einfach weg (das ist dann ein leckeres Tomaten-Gemüse-Sugo) oder Sie ersetzen das Hack z. B. durch Räucher-Tofu, den Sie klein hacken und genauso anbraten können wie Hackfleisch. Funktioniert erstaunlich gut.

Für die Nudeln dazu: Mit viel Wasser und viel Salz kochen. Viel Salz heißt hier: Das Nudelwasser soll richtig salzig schmecken, fast wie der fiese Schluck Meerwasser, den man im Urlaub am Mittelmeer mal aus Versehen verschluckt hat.

P. S.: Eine Ausnahme vom frühen Salzen beim Kochen sind: Zwiebeln, die alleine angedünstet werden (die werden mit Salz einfach nur matschig) sowie getrocknete Linsen und Erbsen. Diese kocht man besser zunächst ohne Salz. (Ob das den Garprozess tatsächlich beschleunigt, ist allerdings umstritten.) Man kann ja über fast alles geteilter Meinung sein. In der Küche sowieso.



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