Meine
Regionalzeitung hat ein kleines Interview mit Marco Müller (2 Michelin-Sterne, Rutz,
Berlin) veröffentlicht. Und hat ihn nach Zukunftsvisionen befragt. Er sagt: „Verschwinden
werden Billigrestaurants, in denen einfach nur ein paar Tüten aufgerissen
werden und das dann Kochen genannt wird.“
Schön
wär’s. Wir erleben doch überall in den Städten den Siegeszug von Ketten, die
vielleicht nicht Tüten aufreißen, aber mit Franchise-Konzepten und schlichter
Küche den individuellen Anbietern den Markt versauen.
Und er
sagt: „Kommen werden Restaurants, die frisches, gutes Essen anbieten –
notgedrungen mit weniger Personalaufwand, denn die ganze Dienstleistungsbranche
hat ja massive Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden.“
Einspruch,
euer Ehren. Frische Küche mit regionalen Produkten bedeutet einen großen
Aufwand, auch unterhalb der Sterne-Küche. Planung, Einkauf, Küche, Service – das
ist eben nicht mit weniger (Personal-) Aufwand hinzukriegen. Sich um gute
Lieferanten aus der Region zu kümmern, erfordert mehr Aufwand, als das Gemüse
aus dem Katalog des Großhändlers auszuwählen. Gutes, frisches Essen kostet. Egal,
auf welchem Niveau.
Im
Sternelokal sind die Gäste bereit, relativ viel Geld für Essen auszugeben. Aber
einfach nur sauberes Essen, ohne Glamour-Faktor? Das macht auch viel Arbeit.
Und hat eben auch seinen Preis. Ich bin nicht sicher, ob Gäste bereit sind,
dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen, der es Gastronomen ermöglicht, zu
überleben.
Weil
der Gegenwert des Speisenpreises für viele Gäste eben nicht nur das
tatsächliche Produkt auf dem Teller ist, sondern wesentlich auch der
Glamour-Faktor des Essengehens. Das funktioniert natürlich in der
Sternegastronomie. „Wir waren ja am Wochenende im Dings & Dingens essen,
also das war ja…“. Oder so. Und danach kann man dann ja auch gleich smalltalkmäßig
zu den aktuellen Preisen der angesagten SUVs übergehen.
Müller:
„Bei den Gerichten selbst halte ich alles Umami-Angereicherte, also sehr
aromenstarke Küche mit starkem asiatischen Einschlag, für den kommenden Trend.“
(Zur Erklärung: Umami ist der „herzhafte“ Geschmack, der sich beim Kochen entweder
z. B. natürlich durch Tomatenmark - reich an Glutaminsäure - ergibt, oder aber
durch künstliche Geschmacksverstärker wie Glutamat. Das ist dann die
Aroma-Keule im China-Restaurant.)
Och,
bitte, das kann es doch nun wirklich nicht sein. Die überwürzten Produkte, die
wir an jeder Ecke kaufen können, sind doch Mist. Es muss doch darum gehen, den
Lebensmitteln ihren Eigengeschmack zu lassen, und genau daran entlang zu
kochen.
Und
das passt auch gar nicht dazu, dass Müller in diesem Interview zugleich beschreibt,
wie er in direkter Zusammenarbeit mit Erzeugern den perfekten Kohlrabi züchten
lässt. Denn das ist dann schon wieder ziemlich beeindruckend.
Zitate-Quelle:
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28. Oktober 2017, „sonntag“, Seite 5