Sonntag, 5. Februar 2017

Ein bisschen schwanger

Agrarminister Schmidt (CSU) hat nachgelegt. Das neue „Tierschutz-Label“, das er auf der Grünen Woche in Berlin vorstellte, soll Verbrauchern helfen, im Supermarkt Fleisch aus… ja was eigentlich?... ein bisschen artgerechterer Tierhaltung (?) zu erkennen. Ein bisschen mehr Platz im Stall. Das könnte dann wohl auch ein bisschen mehr kosten. Aber nicht zu viel, keine Angst. Denn billig soll es ja bleiben, unser täglich Fleisch. Mehr Tierwohl, das klingt doch gut. Und alles ganz freiwillig und unverbindlich. Eben nur ein bisschen mehr Tierwohl.
Das ist wie ein bisschen schwanger.

Ein Stern in Sachen Tierwohl. Bei Hotels heißt das "Einfache Ansprüche".

Dieses Label ist eine Luftnummer.
Wenn Verbraucher sich orientieren möchten, was die Herkunft oder die Haltungsbedingungen von Tieren angeht, gibt es bereits allerbeste Möglichkeiten: Entweder habe ich einen Schlachter meines Vertrauens, der mir erzählen kann, woher er seine Schweine und Rinder bezieht, zum Beispiel aus der Nachbarschaft, und dann kennt er auch die Betriebe und die Haltungsbedingungen.
Oder ich kann auf die Siegel von Bioland- oder Demeter-Betrieben vertrauen, die schon auf artgerechte Tierhaltung gesetzt haben, bevor sich irgendein Minister dafür interessiert hat. Selbst die vergleichsweise laschen Bestimmungen des EU-Bio-Standards stehen für ein Mindestmaß artgerechter Tierhaltung. All diese Betriebe werden kontrolliert und zahlen nicht unerhebliche Gebühren für ihre Bio-Zertifizierung. Zwischen diesen Formen der ökologischen Landwirtschaft und der industriellen Massentierhaltung liegen Welten. Das hat dann auch seinen Preis. Für den Minister sind das allerdings "Nischen-Luxus-Label".
Fakt ist: Kein Schwein braucht ein neues Tierschutz-Label.
Ganz im Gegenteil. Dieses Label trägt nur dazu bei, die Verunsicherung bei Verbrauchern zu erhöhen. Es fügt dem ohnehin schon recht unübersichtlichen Gestrüpp verschiedenster Siegel und Labels nur noch ein weiteres hinzu.
Wer es ernst meint und die Standards der konventionellen Tierhaltung stärker am Tierwohl ausrichten möchte, muss gesetzliche Vorgaben schaffen, also verbindliche Regeln, die für alle gelten. Die könnten dann kontrolliert und – bei Verstößen dagegen – sanktioniert werden.
Dieses „Tierwohl-Label“ ist nicht mehr als eine Karnevals-Plakette für Erzeuger, die die Tierhaltung der ökologischen Landwirtschaft für bescheuert halten, sich aber auch gerne mal ein Gutmenschen-Siegel aufkleben möchten. Und für Verbraucher, die glauben, ein ehemals glückliches Schwein zu kaufen, das trotzdem so erfreulich billig ist. Juhu, geht doch…!
Nein, geht leider nicht. Tierwohl und billiges Fleisch passen einfach nicht zusammen. Ein bisschen schwanger geht ja auch nicht.


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