Wenn Sie einen Bio-Supermarkt
wie Denn’s oder Alnatura betreten, dann gehen Sie doch ganz selbstverständlich davon
aus, dass die Produkte, die Sie dort erwerben, bio sind, oder? Kontrolliert und
zertifiziert. Mindestens mit dem EU-Biosiegel ausgezeichnet. Das Gemüse aus
ökologischer Landwirtschaft, das Fleisch aus artgerechter Haltung. Sollte man
meinen. Im Wesentlichen ist das natürlich auch der Fall. Wenn man aber genauer
hinsieht, finden sich Produkte in den Sortimenten, die keineswegs „bio“ sind. Bei
Fisch ist das der Fall.
In den Bio-Märkten finden Sie beispielsweise
tiefgekühlten Kabeljau eines Anbieters, der mit Bio und Nachhaltigkeit wirbt,
dessen Fisch Sie aber auch in konventionellen Supermärkten wie REWE kaufen
können. Da gibt es beispielsweise das Kabeljau-Filet „in Bio-Panade“. Das
heißt: Die Panierung ist bio, der Fisch aber nicht. Der Fisch ist MSC [1]-zertifiziert (also aus nachhaltigem Fischfang),
aber nicht bio-zertifiziert. Das ist zumindest fragwürdig. Es gibt von diesem
Anbieter aber auch unpanierte Kabeljau-Filets, also den Fisch pur. Der ist nun
überhaupt nicht mehr „bio“. Was hat der in einem Bio-Markt zu suchen? Nichts.
MSC-zertifizierten Kabeljau
gibt es auch in jedem konventionellen Supermarkt und inzwischen sogar bei
Discountern. Und zwar für etwa die Hälfte des Kilopreises wie bei diesem
Anbieter im Biomarkt.
Wer also im Bio-Supermarkt Kabeljaufilet
für 20 Euro pro Kilo kauft und nicht den ebenfalls MSC-zertifierten Kabeljau
bei NETTO für 10 Euro, kauft für zehn Euro Fisch und zahlt 10 Euro nur für das (falsche) Bio-Feeling obendrauf. Es ist derselbe Fisch.
Ganz ähnlich verhält es sich
mit Thunfisch aus der Dose, der ebenfalls in Bio-Supermärkten verkauft wird.
Nur wer genau hinschaut, stellt fest, dass in dieser Dose nur das Öl bio ist –
der Fisch nicht. Das hat einen einfachen Grund: Ein Thunfisch ist ein ziemlich
großer Fisch, der weit draußen im Meer schwimmt, und alles frisst, was ihm vor
die Kiemen kommt. Auch jede Menge Dreck. Zum Beispiel das Plastik, das wir in
die Meere schmeißen. Deshalb ist es unmöglich, die Ernährung von Thunfisch zu
kontrollieren. Deshalb gibt es keinen Bio-Thunfisch.
Fisch kann nur das Bio-Siegel erhalten,
wenn man seine Ernährung kontrollieren kann. Das funktioniert in der Regel nur
in Aqua-Kulturen, also abgegrenzten, küstennahen Bereichen oder speziellen
Zuchtbecken. Das geht mit Lachs, aber nicht mit Thunfisch. Darum gibt es zwar
Thunfisch aus nachhaltigem Fischfang, aber keinen „Bio-Thunfisch“.
Die Unterscheidung mag man für
pingelig halten, aber es ist ein wichtiger Unterschied, wenn mit „bio“ geworben
wird oder vermeintliche Bio-Produkte entsprechend teuer verkauft werden. Wenn
das dann nicht stimmt, ist es Verbrauchertäuschung.
Und so landet dieser
vermeintliche Bio-Thunfisch auch gerne mal auf dem Salat von Bio-Restaurants,
weil sie ihn ja im Bio-Markt gekauft haben. Die kleinen Symbole, mit denen zum
Teil an der Kühltruhe – immerhin – oder im Kleingedruckten der Thunfisch-Dose darauf
hingewiesen wird, sorgen kaum für die erforderliche Transparenz.
Nicht wirklich besser ist
allerdings, dass es zertifizierten Bio-Fisch gibt, der völlig überflüssig ist:
Pangasius. Diese Zuchtflosse stammt fast immer aus Vietnam, wird zu uns also rund
10.000 Kilometer um den Globus verschifft. Die Klimabilanz ist bescheuert. Und
er schmeckt nach nichts. Diesen Bio-Fisch braucht kein Mensch.
Bio-Fisch ist also eine
komplizierte Angelegenheit. Mein Vorschlag: Wenn Sie Fisch mögen, kaufen Sie
entweder Lachs aus ökologischer Aquakultur oder eben einen MSC-zertifizierten
Fisch aus nachhaltigem Fischfang. Am besten geangelt und nicht aus dem Schleppnetz.
Aber lassen Sie sich nicht von angeblichem Bio-Fisch einfangen, der gar kein Bio-Fisch ist. Denn der ist einfach nur eines: zu teuer.
[1] MSC: Marine Stewardship
Council.
https://www.msc.org/de/ueber-uns/msc-zertifizierungskriterien
https://www.msc.org/de/ueber-uns/msc-zertifizierungskriterien